Gruppenpsychoanalyse/Psychoanalytische Psychotherapie (GP)

Die gruppenanalytische / psychoanalytische Methode wird in Psychotherapie und Beratung angewendet. 

In der Psychotherapie lautet die gesetzliche Bezeichnung in Österreich „Gruppenpsychoanalyse / psychoanalytische Psychotherapie“, abgekürzt „GP“. Damit sind die beiden wichtigsten Settingformen, das der Einzel- und das der Gruppenarbeit, benannt. In der Beratung ermöglicht die gruppenanalytische Methode viele Anwendungen, von der Supervision in der Tradition der Balintgruppe über Selbsterfahrung in Gruppen bis hin zur Entwicklungsarbeit in Organisationen.

Gruppenpsychoanalyse

Die Gruppenpsychoanalyse – auch Gruppenanalyse genannt – ist eine Anwendungsform der psychoanalytischen Psychotherapie mit eigenem Setting und spezifischer Technik. Sie ist nicht als Psychoanalyse in der Gruppe zu verstehen, sondern eine auf psychoanalytischen Grundsätzen und Erkenntnissen – erweitert um eigene Theorie – beruhende und entwickelte Methode.

Die Gruppe im gruppenanalytischen Setting trifft ein- bis zweimal wöchentlich oder in geblockter Form zusammen und besteht in der Regel aus etwa 7 bis 12 Teilnehmer:innen. Es gilt die psychoanalytische Regel der freien Assoziation in Form von freier Kommunikation zwischen den Gruppenmitgliedern.

Die Gruppenleiter:innen (üblicherweise 1-2) schlagen keine Themen vor, sondern fördern die Äußerung von Phantasien, Träumen, Gefühlen und Empfindungen. Sie konzentrieren sich auf die Deutung von Vorgängen in der Gruppe und berücksichtigen vor allem ihre latente, unbewusste Bedeutung. Sie verhalten sich dabei abstinent, d.h. sie enthalten sich Wertungen und expliziten Gefühlsäußerungen den Klient:innen gegenüber.

Die Gruppenpsychoanalyse wird in modifizierter Form auch in der Behandlung von schweren Persönlichkeitsstörungen und Psychosen im ambulanten und stationären Bereich eingesetzt  sowie als psychoanalytische Gruppentherapie von Paaren und Familien. Sie ist eine wertvolle theoretische und praktische Grundlage für Supervision und Beratung.

Psychoanalytische Psychotherapie

Die Psychoanalytische Psychotherapie ist eine weiterentwickelte und modifizierte Form der Psychoanalyse. Die Therapie erfolgt im Einzelsetting, wobei Therapeut:in und Klient:in gegenüber sitzen. Die Behandlung erfolgt ein- bis zweimal wöchentlich.

In der Therapie wird in erster Linie die Wiederholung von verdrängten Konflikten bearbeitet. Besonders die Analyse der Übertragung und des Widerstands, also von emotionalen Phänomenen, die sich auch in der Beziehung zur Therapeut:in zeigen, stellen einen wichtigen Aspekt der Behandlung dar.

Im gemeinsamen Dialog eröffnet sich ein seelischer Raum für eine Persönlichkeitsentwicklung – die über ein Verstehen der innerpsychischen Prozesse für die Klient:innen Bewältigungskompetenzen eröffnet. Im Fokus steht die gemeinsame Erforschung von oft unbewussten Anteilen des Erlebens, Handelns und Denkens sowie der subjektiven Lebensrealität der Klient:innen.

Die Anwendung der psychoanalytischen Methoden außerhalb des psychotherapeutischen Settings – sozusagen „jenseits der Couch“ – hat eine lange Tradition, die direkt auf die Gründerperson Freud zurückreicht.

Die Gruppenpsychoanalyse wird seit ihrem Beginn auch in Beratung und Pädagogik, in Sozialarbeit, Wissenschaft und Kunst praktiziert. Die gruppenanalytische Kulturtheorie liefert wertvolle Erkenntnisse über das menschliche Zusammenleben, die unser humanwissenschaftliches Verständnis erweitern und in Projekten zur Begleitung und Mediation bei sozialen und nationalen Konflikten einfließen.

Die Grundlage der Gruppenanalyse ist immer der Zugang zum Unbewussten, das nicht nur auf der individuellen Ebene wirksam ist, sondern auch in Gruppen, Organisationen und der Gesellschaft insgesamt. So können z.B. auch Organisationen Wissen für Veränderungsprozesse gewinnen und beispielsweise im Change Management nutzen. 

Wie die Psychoanalyse insgesamt ist auch die Gruppenpsychoanalyse auf Sigmund Freud mit seiner Zielsetzung der Entschlüsselung unbewusster Prozesse und Konflikte zurück zu führen.

Am Beginn standen weitgehend zeitgleich zwei unterschiedliche Forschungsschwerpunkte: Zum einen hatte Freud selbst ein starkes Interesse an der Kulturtheorie und untersuchte großgruppenbezogene sowie gesellschaftliche Phänomene. Zum anderen begann im Umfeld seiner Schüler:innen die Tradition der psychoanalytischen Gruppentherapie: Hier sind besonders die Pioniere Trigant Burrow und Wilfred Bion mit ihren wegbereitenden Publikationen anzuführen.

Als wichtigster Theoretiker entwickelte S.H. Foulkes ab den 1940er Jahren in England die Gruppenanalyse zu einer eigenständigen Schule im Rahmen der Psychoanalyse weiter. Foulkes integrierte Theorieelemente der Gestaltpsychologie, etwa von Kurt Goldstein, und der Soziologie, etwa von Norbert Elias, in die Konzeption der Gruppenanalyse, für die er als zentrales Theorieaxiom den Begriff der „Gruppenmatrix“ einführte.

Heute ist die Gruppenanalyse ein weltweit verbreitetes Verfahren, das einen besonderen Schwerpunkt auf die sozialen Prozesse und im psychoanalytischen Sinne auf das „soziale Unbewusste“ der Menschen legt. Exemplarisch für die vielen aktuelle Entwicklungen kann der Dialog mit den Neurowissenschaften (social brain sciences) und neueren Ansätzen zur Behandlungstechnik, wie etwa dem mentalisierungsbasierten Modell von Bateman und Fonagy, angeführt werden.

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